Foto © Privat
Die Fakten über mich verschwimmen, je nachdem welche Strömung sie mitreißt.
Sie ermahnen mich, dass sie Plurale sind, kein Singular und dass sie gekoppelt sind an Blicke, die Flächen erwecken, die sich ozeanisch in alle Richtungen strecken.
Warum lasse ich Buchstaben aus mir tropfen, erdenke fließende Welten und gieße sie aufs Papier?
Wahrscheinlich ist es der drückende Drang mich zu zeigen, eine Idee meiner Selbst zu kreieren.
So sind doch Höhe- und Tiefpunkte nur Turning Points der einzigen Erzählung, die ich von Anfang bis Ende kennen werde. Momente, die jetzt noch keine Relation haben, die erst am Ende meiner Geschichte rückblickend zeigen, ob sie Höchst- oder Tiefstand waren.
Dann wird auch die Freude als Moment zu erkennen sein, in dem ich dem Leben entgegen lachte. Ein Zustand, der mich erkennen ließ, wo das Leben schimmert und wahrhaftig fließt, auch wenn es die Melancholie war, die sie zu Papier brachte.
Mein mentaler Einfluss sind die Gezeiten meines Seins. Ein schwankendes inneres Meer der Empfindungen und Erwartungen. Und daraus der unaufgeforderte Rat an mich selbst: Immer die Verbindung zu mir selbst zu erhalten. Nie mich blind mitreißen zu lassen, wenn ein Einfluss auf mich eindrängt, sondern zu begreifen, was daraus zu mir selbst kann passen.
Denn Fremde Weisheiten sind auch nur ein Ausdruck des stetigen Stroms meiner Umgebung, die mich immer umspülen, manchmal bis zum Hals stehen und doch sich am sichersten anfühlen, wenn ich den Grund unter meinen Füßen spüren kann.
Und zuletzt. Die Hoffnung bleibt:
Dass wir immer wieder die Dinge beim Namen nennen, aber verstehen, dass wir niemals endgültige Antworten kennen.
Fotos © Marit Persiel
Marit Persiel (*1989) lebt und arbeitet in Lüneburg, auf einer wilden Wiese und im Winter in Portugal.
Ihr Faible für vergangene Zeiten, tragische Liebe, verstaubte Erinnerungen, philosophisches Geschwurbel, blühende Pflanzen und feministische Themen verpackt sie in Texte, Performances, Theaterwerke und Filme.
Als Performerin bespielte sie Festivals und Firmenfeiern, ihre Theaterstücke zeigte sie vor vollen Wohnzimmern und leeren Schiffen, ihre Texte hingen in Schaufenstern und liegen in Bücherregalen, werden ins mp3 Format gepresst und auf Bühnen von ihr vorgetragen. Als Regisseurin bebildert sie fremde Musik und eigene Gefühle, wenn sie nicht als Autorin versucht offensichtliche Reime zu umgehen und sie lieber in feministisch-philosophische Farben taucht. Ihre Stimme kann man leihen und hört sie unter anderem in ihrem eigenen lyrischen Projekt ‚Hörlandschaften‘ und der ‚MEET ME IN THE MIDDLE’-Reihe der Lost and Found Community.
Who Am I? (2022, Experimental Shortmovie), Flowers (2021, Shortmovie), NACHHALL (2021, Lyrikliebesgeschichte), About Reality and Perspective (2020, Experimental Shortmovie), GAIA (2020, Theaterstück & -film, Hörbuch), Else&Ich (2019, Gedichtband, Hörbuch), Minor Swing (2018, Theaterstück), PartiTanz (2017, Performance), #DieKapsel (Performance, 2016)
Marit Persiel und Else Lasker-Schüler treten in eine Beziehung, die Zeit und Raum hinter sich lässt. Mehr als ein Jahrhundert trennt die beiden Künstlerinnen, doch es eint sie ihr Streben nach einem emanzipierten Leben. Frei von Konventionen, äußeren Zwängen und starren Grenzen zwischen Fiktion und Realität, verhandeln beide die großen Fragen: Wie wirke ich in der Welt, was ist mein eigener persönlicher Ausdruck und welche Dimension nimmt dabei die Liebe ein?
In einem spannenden und klug arrangierten Wechsel aus Gedichten und Briefen, lassen beide Protagonistinnen tief in ihr Seelenleben blicken und ihre Gefühle kommen ehrlich und leidenschaftlich zum Ausdruck. Das Gedankenspiel zwischen Else und Marit eröffnet dabei einen Raum der Vertrautheit, den die Lesenden mit ihrem eigenen Ich füllen können.
Ich habe mich in der Auseinandersetzung ihres Lebens und ihrer Werke selbst erkannt, umgrenzt und entfaltet. Man könnte auch sagen, sie hat mich inspiriert, zu mir selbst und meinen Worten zu stehen und dafür möchte ich ihr danken.
Marit Persiel